Die Architektur Galerie Berlin ist wegen Umbauarbeiten geschlossen. Könnte man meinen, wenn man auf die Schaufenster an der Karl-Marx-Allee zugeht. Drinnen steht ein hemdsärmelig zusammengezimmertes Gerüst: fünf, sechs Reihen grober Holzpfosten, die eine horizontale Schalung aus noch gröberen Brettern in die Höhe hieven. Lässt Galerist Ulrich Müller eine zweite Ebene einziehen? Mehr Platz scheint er hier gelegentlich brauchen zu können. Unsinn. Die Tür lässt sich öffnen, ein Titel ist angeschrieben: Tatiana Bilbao – Under construction. In der Galerie riecht es angenehm nach Fichtenholz. Die mexikanische Architektin hat für ihre raumgreifende Installation Gerüstbaumaterial aus der Heimat mitgebracht. Tatsächlich, Kanthölzer und Bretter aus Mexiko nach Berlin! Keine Modelle, keine Pläne, keine Bilder ihrer fertigen Projekte wollte sie ausstellen, sondern zeigen, wo und wie Architektur in Mexiko vor allem entsteht: auf der Baustelle, im Gespräch mit den Arbeitern, die mit Plänen wenig anfangen können und mit eher simplem Baugerät zu Werke gehen. Und Tatiana Bilbao bleibt konsequent. Zwar hat sie an das Holzgerüst reichlich Fotos ihrer Bauten anheften lassen – darunter die offene Kapelle auf der Ruta del Peregrino (Bauwelt 20.12), die Aussegnungshalle in San Luis Potosi, das Auditorium im Botanischen Garten von Culiacan und eine Reihe privater Villen –, aber das sind ausnahmslos Baustellenfotos. Wem die fertigen Häuser am Herzen liegen, dem bleibt nur die Website der Architektin. Doch die gibt sich grausam kompromisslos: www.tatianabilbao.com ist zurzeit „Under construction“.
Bauwelt 36 / 2013 Kompromisslos. Tatiana Bilbao baut in der Architektur Galerie Berlin
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