Der Zeitpunkt, Arbeiten des Grazer Architekturbüros Riegler Riewe mal wieder in Berlin – also weit nördlich seines angestammten Wirkungskreises – zu zeigen, ist gut gewählt. Im letzten Jahr trat Florian Riegler seine Professur für Entwerfen und Baukonstruktion an der Universität der Künste an, und eines der aktuellen Projekte des Büros liegt in Polen, das Schlesische Museum in Katowice. Seitdem Riegler Riewe vor mehr als zwanzig Jahren in die steirische Szene hineinplatzten und dann beispielsweise mit dem harten Wohnbauriegel in Graz-Straßgang (1994) provokante und zugleich manifeste Antworten gaben, die so ganz anders aussahen, als man es im neoexpressiven Milieu der „Grazer Schule“ gewohnt war, ist ihnen periodisch Aufmerksamkeit gewiss. Weitere große Projekte dort folgten: Jüngst wurde die Messe-Halle A in Graz eröffnet.
Auch wenn man, wie Otto Kapfinger sagt, für Riegler Riewe weder die Schubladen „funktionalistisch“,„rationalistisch“, „ästhetisch-minimalistisch“ noch „gestalthaft-autonom“ öffnen kann und die Architekten sich selbst ohnedies gegen allzu eindeutig Determiniertes stellen, sucht man doch Begriffe, mit deren Hilfe sich ihre Bauten greifen und beschreiben lassen. Vielleicht taugen ja grundlegende Kategorien wie Struktur, Rhythmus, Raum, Zwischenraum und Fläche viel besser als Betrachtungsfilter.
Und was lernt man im Werkraum der Architekturgalerie Berlin darüber? Ulrich Müller hat Riegler Riewe schon einmal in der damals noch in Leipzig ansässigen Galerie gezeigt, wo der post-postmodernistische Ansatz des Büros vor dem Hintergrund des rationalisierten Bauerbes in der Stadt durchaus in Spannung stand. Anders nun die Berliner Ausstellung, die auf sieben Tafeln acht Projekte zeigt, die Hälfte davon realisiert, darunter der Hauptbahnhof in Innsbruck, Institute der TU Graz, die Messe ebendort, ein Supermarkt in Leibnitz. In weiß lackierte Hartschaum- Paneele wurden mit dem Modellbaulaser jeweils Grundriss und Schnitt eines Gebäudes eingraviert. Die so vergröberten „Zeichnungen“ machen zuallererst Strukturen deutlich, noch keine Räume. Die muss sich der Betrachter schon selbst vorstellen; sind ihm die Bauten bekannt, mag das ganz gut gelingen. Um doch noch übliche Betrachtungsgewohnheiten zu bedienen, werden auf kleinen Monitoren Fotos und Visualisierungen gezeigt. Insgesamt spielt diese Art der Präsentation damit, dass sie dreidimensionale Gebäude in die „Tiefe der Fläche“ drückt. Mit Hilfe der Gestaltungsform des eingetieften Reliefs, der „Gemme“, dessen Bild nicht aus der Fläche, sondern in sie hinein ragt, wird aus der räumlichen Kunst Architektur – eine Architektur, die sich hier etwas verrätselt mit Körperlosigkeit begnügt.