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Architektur Galerie Berlin

Grenzgänger – Interview mit Christina Gräwe

Ulrich Müller ist ein „richtiger“ Architekt und sieht sich auch bis heute als solcher. Ende der 1990er Jahre aber wurde eine Pause von der Architektur nötig, und er stieg – zunächst parallel zur Büroarbeit – „ganz klein“ ins Galeriegeschäft ein. Über mehrere Zwischenstationen ist Ulrich Müller 2006 mit der Architektur Galerie Berlin in der Karl-Marx-Allee angekommen.

Du wurdest bereits mehrfach gefragt: Warum stellt ein Architekt Arbeiten anderer Architekten aus?

Ich bin Architekt, ich liebe die Architektur, und es interessiert mich, was andere Architekten machen.

Ein Zitat von deiner Webseite: Die Galerie versteht sich als Forum für die Auseinandersetzung mit Architektur jenseits konventioneller Ausstellungspraxis. Was heißt das?

Das Nachdenken über Architektur wollte ich nicht aufgaben, aber ein andres „Denkformat“ herstellen, weg vom reinen Bauen und über den Tellerrand blicken.

Wann und warum bist du den Schritt zum Fulltime-Galeristen gegangen?

Eine Galerie zu betreiben funktioniert nicht als Feierabendjob. Das Echo vom Publikum und der Presse war aber sehr positiv; das hat mich motiviert umzusteigen. 2002 war es soweit.

Du kannst inzwischen auf mehrere Phasen der Ausstellungsarbeit zurückblicken.

Der Raum in der Ackerstraße war als Kunstgalerie konzipiert, es fanden Verkaufsausstellungen statt. Ich habe dort Architekten und Künstler zusammengebracht. Solche Paaren waren Max Dudler und Günther Förg oder Peter Märkli und der Bildhauer Hans Josephson.
Die Galerie in der Karl-Marx-Allee ist ein reiner Ausstellungsraum. Die Architekten, deren Arbeit ich zeige, bitte ich, auf Pläne weitgehend zu verzichten und mit Bildern oder Installationen zu arbeiten. Die Galerie soll Dinge ermöglichen, die im Büroalltag nicht gehen.
Die Architekturfotografie interessiert mich sehr, das brachte mich auf die Idee zu der Reihe „Architektur und Fotografie“. Den Auftakt machten 2011 Hélène Binet, Christian Richters und Friederike von Rauch. Sie sollten ganz subjektiv Photos auswählen, die sie für sich, also nicht für den prominenten Auftraggeber gemacht haben.

Ein anderer Schwerpunkt sind Schweizer und österreichische Architekturbüros, allerdings nicht ausschließlich. Und ich beschränke mich mich immer auf zeitgenössische Architektur.

Wenn man die Ausstellungen regelmäßig verfolgt, fällt auf, wie verwandlungsfähig der Raum ist. Von der konventionellen Dokumentation bis zur raumgreifenden Installation, von flächendeckenden Tapeten bis zu Filmprojektionen war schon alles dabei. Wie verläuft die Zusammenarbeit?

Ich greife nicht hart ein, versuche aber vorsichtig zu lenken. Die Architekten machen Vorschläge. Wir führen frühzeitig Vorgespräche und nähern und an. Der Vorlauf für eine Ausstellung liegt bei ein bis zwei Jahren.

Wie finanziert sich die Galerie?

Ich habe über die Jahre einen zuverlässigen Sponsorenstamm aufgebaut, aber die Büros bezahlen immer auch einen Teil selbst.

Wie findest du deine Themen, die Büros?

Meistens bearbeite ich rund 15 Themen parallel. Das sind Büros, die mich einfach interessieren oder umgekehrt Büros, die auf mich zukommen, um hier auszustellen. Es hält sich ungefähr die Waage.

Nach inzwischen 48 Ausstellungen: Wie ist dein Zwischenresümee?

Die Arbeit war bisher eine stetige Entwicklung vom ganz Kleinen bis zum jetzigen Auftritt mit der entsprechenden Vernetzung, mit Publikationen und der Nutzung des Raums. Die Möglichkeiten in der Ackerstraße waren irgendwann ausgereizt. Hier in der Karl-Marx-Allee fallen mir bisher immer neue Ansätze ein.

Du erweiterst auch dein Programm.

Ja, kurz vor Abschluss der jeweiligen Ausstellungen gibt es seit Anfang 2012 die Serie „Architektur Generator“, ein Gespräch mit Beteiligten und einem Gast. Und abseits des eigenen Tellerrands: Seit 2010 erscheint der Kalender der AAB – Architektur Ausstellungen Berlin, den wir als PDF und auch in gedruckter Form verschicken. Ende 2012 ging der AAD online, ein Überblick über Architektur-Ausstellungen in Deutschland.

Das Gespräch führte Christina Gräwe