Die Arbeiten von Stephen Talasnik überschreiten die Grenze zwischen Architektur und Kunst in beide Richtungen: Während ihre Struktur an komplexe technische Konstruktionen erinnert, verdeutlicht ihr Habitus gleichzeitig das Primat der künstlerischen Freiheit. Auf diese Weise balancieren sich konstruktive Notwendigkeit und räumliche Formfindung aus. „Architektur ohne Architekten“ nennt Talasnik als Inspiration für seine organisch anmutenden Skulpturen, die ohne festen Plan entstehen: Aus der Verbindung zwischen dem räumlichen Gestell, den Knochen, wird die Form eines Hives (Bienenstock) „unearthed“ oder ausgegraben, so dass die endgültige Form erst feststeht, wenn die aus Bambusstreifen gewebte „Haut“ über die geradlinige Tragstruktur gezogen wird. Das Ergebnis vermittelt den Eindruck von Bewohnbarkeit und Funktion, ist tatsächlich jedoch ein Hybrid, bei dem sich die Sprache des fiktiven Ingenieurwesens mit dysfunktionaler Architektur kongenial verbindet.
Da das Medium Zeichnung in Talasniks Euvre eine zentrale Rolle spielt, verwundert es nicht, wenn er seine „Hives“ als dreidimensionale Zeichnungen bezeichnet, deren Ästhetik die Bewegung einer von der Hand gezogenen Linie im Raum imitiert.
Mit diesem Konzept hat Talasnik in den letzten Jahren zahlreiche ortsspezifische Installationen realisiert, wie „Floating World“ (Denver Botanic Gardens, Colorado), „Sanctuary“ (Russel Wright Design Center, Manitoga Garrison, New York) und „Pioneer“ (Tippet Rise Art Center, Montana). Die für die Architektur Galerie Berlin entwickelte Arbeit „Unearthed“ adaptiert diese Methode nun erstmals für einen Innenraum.
Stephen Talasnik lebt und arbeitet in New York City. Seine Zeichnungen sind in zahlreichen bedeutenden Sammlungen vertreten (u.a. Albertina in Wien, The British Museum London, Canadian Centre for Architecture in Montreal, Centre Georges Pompidou Paris, Kupferstichkabinett Berlin, Metropolitan Museum of Art in New York City und San Francisco Museum of Modern Art.
2018 erschien „Unearthed“ bei The Monacelli Press, New York City, mit Beiträgen von Michael Sorkin, Phyllis Tuchman, David Wittenberg und Lebbeus Woods.