Bauwelt 7 / 2014
Archetypen?
Von Jan Friedrich

Review

Die Welt ist im Umbruch. Mit diesem Satz, der zu häufig formuliert wurde, um noch Bedeutung zu haben, leitet das Amsterdamer Büro Benthem Crouwel Architects seine Ausstellung ein. Und weiter: Sich verändernde Verhaltensmuster hätten eine neue Wahrnehmung des öffentlichen Raums erzeugt; durch neue Technologien seien wir vernetzter denn je; und so weiter.

Am Ende des Textchens ahnt man dann doch, warum derlei hier aufgezählt wird: Die Bedeutung der Gebäude, die all diese Veränderungen aufnehmen, habe sich radikal gewandelt. Trotzdem trügen sie immer noch Namen aus dem 19. Jahrhundert: Bahnhof, Kaufhaus, Museum, Konzerthaus, Warenlager.

Mit Beispielen für diese Bauaufgaben präsentieren Benthem Crouwel ihre Arbeit in Berlin: den neuen Bahnhof in Rotterdam, die Shoppingmall „Forum Mittelrhein“ in Koblenz sowie den Anbau ans Stedelijk Museum, den „Ziggo Dome“ und das Datacenter AM3, alle in Amsterdam. Ihren Auftritt in der Galerie haben diese „fünf Archetypen für eine sich wandelnde Welt“ als wuchtige Modelle auf nebeneinander aufgereihten Podesten. Für ihre Größe – wohl je ein Quadratmeter Grundfläche, ein Maßstab ist nicht angegeben – sind die Modelle eigentlich viel zu wenig detailliert. Genau das aber „erhöht“ sie, wenn man so will, zu Stellvertretern für ähnliche Bauten. Dass der eigens ausgelegte Fußboden der Galerie, die Podeste und die Modelle vom selben wässrig-hellblauen Farbton sind, lässt Letztere wirken, als seien sie aus dem Boden emporgewachsen – was ihren Anspruch als Archetypen unterstreicht.

Nun hätten viele, die in der Architektur Galerie Berlin ausgestellt haben, es bei einer solch abstrakten Inszenierung be- und den Rest einem Katalog überlassen. Nicht so Benthem Crouwel. Das mag man aus dramaturgischer Sicht bedauern. Andererseits hat mit den Plakaten und den Touchscreens, die die Projekte begleiten, jeder die Möglichkeit, auf Fotos, Filmen und Plänen selbst herauszufinden, ob er die Idee der Archetypen für tragfähig hält. Oder ob es sich bei den fünf Projekten eben doch schlicht um eine Konzerthalle, einen Bahnhof, eine Rechenzentrale, ein Museum und ein Einkaufszentrum handelt – mal mehr, mal weniger überzeugend gemacht.