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Architektur Galerie Berlin

Bauwelt 46 / 2011 Bilder aus Italien / Das Architekturarchiv von Christ & Gantenbein

Ulrich Brinkmann

Italien ist aus beruflicher Sicht heute offenbar kaum mehr ein Sehnsuchtsort für Architekten. Man muss nur den alljährlichen Präsentationen der Villa Masimo im Berliner Martin-Gropius-Bau beiwohnen, um erstaunt festzustellen, dass viele der Architekturstipendiaten in Rom offenbar nichts Besseres anzufangen wissen, als sich elf Monate lang abstrakten Formstudien und Musterzeichnereien hinzugeben, die nur in Ausnahmefällen eine wie auch immer geartete Wirkung entfalten (Bauwelt 16.2010). Vielleicht brechen aber schlicht die Falschen nach Italien auf. Denn dass es anders geht, zeigen Emanuel Christ und Christoph Gantenbein jetzt in Berlin.

Die beiden Basler sind 1999, gleich nach ihrem Studium an der ETH Zürich, in den Genuss eines sechswöchigen Stipendiums gekommen und haben „das Land wo die Zitronen blühen“, von Nordosten nach Südwesten, vom Veneto bis zu Golf von Neapel, bereist, mit einem Schwerpunkt auf der Architektur der Renaissance und des Barock sowie vereinzelten Zeugnissen des Rationalismus der 20er und 30er Jahre. Doch haben sie die Gebäude nicht aus historischem Interesse heraus besucht, sondern als entwerfende Architekten studiert. „Es ging uns ausschließlich um das architektonische Potential für eigene Projekte. Weder Kunstgeschichte noch Retrohaltung waren der Antrieb“, schreiben die beiden im Rückblick auf diese Reise in der Einleitung ihres Buchs „Bilder aus Italien“. Der Band ist der Auftakt zu einer ins Auge gefassten Reihe, die in den nächsten Jahren Themen der Architektur von Christ & Gantenbein behandeln soll. In ihm stellen die Architekten eine Auswahl der zahlreichen, seinerzeit entstandenen Fotos Schwarz-weiß-Abbildungen ihrer Bauten und Projekte aus den letzten zehn Jahren gegenüber, wobei es ihnen weniger darum geht, auf der Hand liegende Analogien zu beweisen oder ironisch zu brechen, als sichtbar werden zu lassen, wie die in Italien angeeignete Architektur fruchtbar wurde für ihrer eigenen Praxis.

Eine Aneignung, die Christ & Gantenbein als ihr „erstes architektonisches Projekt“ bezeichnen und nun in Ulrich Müllers Berliner Architekturgalerie zum Thema einer Installation machen. Die Projektion einer im Vergleich zum Buch sehr viel umfangreicheren Bildfolge wird durch eine diagonal in den Ausstellungsraum gezogene Wand verräumlicht; den Bildern sind Reflexionen über die Reise unterlegt, rhythmisiert durch das monotone Tak-Tak des Bildwerfers.