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Architektur Galerie Berlin

Bauwelt 15 / 2013 Fernweh – Morger + Dettli in der Architektur Galerie Berlin

Franziska Weinz

Wer zurzeit die Architektur Galerie Berlin betritt, fühlt sich auf der Stelle, als habe es ihn an einen anderen Ort verschlagen. Einen Ort an dem ein Ferienhaus mit einem traumhaften Bergpanorama verschmilzt.

Doch die Ausstellung ist vielschichtiger, als es auf den ersten Blick scheint. Denn hat man sich erst einmal mit den drei großen Fotos in das Ferienhaus „Trancauna“ von Morger + Dettli Architekten aus Basel geträumt, spürt man, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Aber was? Allmählich wird einem bewusst, dass man statt Vogelgezwitscher oder Kuhglockengeläut dumpfen Straßenlärm hört; der kommt von der viel befahrenen Karl-Marx-Allee, die im Rücken des Betrachters unterschwellig stets präsent ist. Gesehenes, Gefühltes und Gehörtes driften auseinander. Die eigene Wahrnehmung ist verzerrt – ein anregendes und zugleich skurriles Gefühl. Am liebsten würde man sich die Ohren zuhalten, in das Bild hineinspazieren und sich auf den Stuhl mit Blick auf die Berge setzen, der, so scheint es, nur für einen selbst genau dort hingestellt wurde. Raus aus der lauten Stadt, die einem plötzlich so anstrengend vorkommt, rein in die Stille und Schönheit der Natur. Fernweh schleicht sich ein.

Der Kontrast zwischen Innen- und Außenraum der Galerie könnte größer kaum sein – was gleichzeitig den Grundgedanken des Ferienhauses versinnbildlicht: eine fast abgeschottete Welt, eingelassen in die weite Berglandschaft des Bündner Oberlandes, die sich nur kontrolliert ihrer Umgebung öffnet. Bei der Gestaltung des Hauses haben sich Morger + Dettli zwar an traditionellen Bauweisen orientiert, doch auch damit gebrochen. Die Schwärze der Innenräume unterstreicht dies. In Anlehnung hieran wurde der gesamte Galerieraum von der Decke bis zu den Heizungsrohren komplett geschwärzt. Diese Blackbox wirkt klein und intim, fast schon wohnlich, nicht zuletzt durch den Teppich, der die Schritte der Besucher dämpft. Das Schwarz schluckt alles, setzt sich von den hellen Fassaden der Karl-Marx-Allee und dem Berliner Schmuddelwetter ab, schafft so Aufmerksamkeit und schärft zusammen mit den Lichtspots an der Decke den Blick für die Fotos.

Vor allem am Abend. Nur zwei alte Bauernstühle in den Ecken bilden eine Referenz an den ländlichen Ort und fallen aus der sonst so puristischen Ausstellungsgestaltung mit den beiden großen Betonmodellen und den fein gezeichneten Schwarz-Weiß-Plänen heraus. Auf dieses Weise lebt in der durch und durch zeitgenössischen Atmosphäre dann doch ein kleiner Rest Tradition wieder auf.