Berliner Zeitung
Vom Neunquadrat zum Dreieck
Von Ingeborg Ruthe

Review

Tagsüber kann das Publikum dem Galeristen Ulrich Müller jede Menge Fragen stellen zu seiner ungewöhnlichen Schau. Nachts aber, wenn das fast gleißende Orange der Innenfläche der sich wie eine Origami-Faltung im Galerieraum reckenden und streckenden, zugleich wie schwebenden Farbskulptur die Blicke magisch anzieht, dann stehen die Betrachter schon vor einem Rätsel. Es heißt „Bogevischs Buero“.

„Bogevisch“, das könnte der Name eines alten polnischen Architekten sein, mit dem jene spielen, die sich heute so nennen: das Münchener Architektur- und Stadtplaner-Team Ritz Ritzer und Rainer Hofmann. Seit zwölf Jahren arbeiten sie zusammen, zwei kreative und bisweilen auch zum Pragmatischen gezwungenen Utopisten, die an Wettbewerben teilnehmen, gewinnen – oder auch nicht, die Häuser entwerfen, Wohnungen, Büros, Gemeinschaftseinrichtungen, Studentenwohnheime, Firmenzentralen, Gewerbehöfe. „Bogevischs Buero“ kann auch heißen, dass es um alte Baumeistersymbole geht: Neunquadrat. Und Dreieck.

Die Bogevisch-Projekte wurden von der Fotografin Julia Knop so aufgenommen, dass das Zusammenspiel der Bauten, von innen und außen, von privat und öffentlich deutlich wird: Oberflächen und Details treten zurück. Acht Projekte hat Knop dokumentiert. Die Bilder erreichen eine über die gängige Architekturfotografie hinausreichende Dichte. So wird Architektur zum Ort, der seinen Maßstab, seine Atmosphäre, seine Wirkung erst durch die virtuellen oder auch real abgebildeten Nutzer der Bauten erhält.

Die Fotos stehen in Beziehung zur orange-weißen begehbaren Raumskulptur. Diese „Faltung“ ist als konkrete Architektur erlebbar – und lässt gegen die strenge Geometrie des quadratischen Raumes auch noch Binnenräume entstehen, eine Art „Zellen“ für unsere Fantasie. Die ist ermuntert, sich Bauten vorzustellen: andere als die, in denen wir uns zumeist aufhalten.